You are currently viewing DIE ZUKUNFT DER DRAHTLOSEN VERNETZUNG

DIE ZUKUNFT DER DRAHTLOSEN VERNETZUNG

Glaubt man den Versprechen mancher Mobilfunk-Provider, können Unternehmen ihr WLAN bald komplett abschalten. Alle Anwendungsszenarien sollen besser mit 5G funktionieren. Doch in der Praxis wird es auch in Zukunft auf den Einzelfall ankommen, welche Technologie sich besser eignet.

Der 5G-Ausbau geht mit großen Schritten voran. So stellen erste Mobilfunkanbieter in Deutschland ihr Kernnetz auf „5G-Standalone“ um, also ohne die Vorgängertechnik LTE. Das Versprechen: noch geringere Latenzzeiten bei weniger Stromverbrauch.

Dies ist vor allem für Unternehmen interessant, die auf extrem kurze Reaktionszeiten von wenigen Millisekunden angewiesen sind, etwa in der industriellen Produktion. Zudem bietet ein privates 5G-Netzwerk den Vorteil, dass die genutzten Frequenzen ausschließlich dem jeweiligen Unternehmen vorbehalten bleiben. Externe Störfaktoren sind damit praktisch ausgeschlossen.

Doch hier kann Wi-Fi 6E mithalten. In Deutschland steht seit kurzem das Frequenzspektrum zwischen 5945 und 6425 MHz zusätzlich für Wi-Fi zur Verfügung. Durch dieses gewaltige Spektrum behindern sich Geräte kaum noch.

Klare Anwendungsfälle

Vor allem in Büros bleibt Wi-Fi bis auf Weiteres die Nummer 1. Dies liegt an den deutlich geringeren Kosten aufgrund der lizenzfreien Nutzung, der bestehenden Erfahrung im IT-Management und dem größeren verfügbaren Gerätespektrum. In den meisten Unternehmen ist die Infrastruktur schon auf Wi-Fi ausgerichtet und es besteht wenig Veranlassung, eine funktionierende Infrastruktur mit großem Aufwand auf 5G umzustellen. Es wäre zwar möglich, nahezu jeden Anwendungsfall auf 5G umzustellen, aber Wi-Fi ist in vielen Bereichen schon fest etabliert und effizienter. Eine komplette Umstellung erfordert einen enormen Aufwand und hohe Kosten.

5G bleibt dagegen schon aufgrund der höheren Reichweite die erste Wahl im Außenbereich. So müssen deutlich weniger Sendeantennen pro Fläche aufgestellt werden. Doch je kleiner der abzudeckende Bereich ist, desto eher kommt auch Wi-Fi 6 bzw. Wi-Fi 6E in Frage.

Private 5G kommt dann ins Spiel, wenn eine extrem hohe Verfügbarkeit und Verlässlichkeit bei extrem kurzen Latenzzeiten betriebsnotwendig ist. Außerdem kann 5G in großen, hohen Hallen (z.B. im Schiffs- oder Flugzeugbau oder im Veranstaltungssektor) vorteilhaft sein.

Wichtige Entscheidungskriterien

In vielen Fällen dürfte die Entscheidung aber nicht von vornherein feststehen. Für Produktionshallen oder in größeren Lagern kommen grundsätzlich beide Standards in Frage. Hier kommt es dann auf den Einzelfall an und auf eine genaue Bewertung der Anforderungen in den Bereichen Bandbreite, Latenzzeit, Ausfallsicherheit, Kosten und Komplexität des Managements.

Ein wichtiger Punkt bei mobilen Anwendungen wie autonomen Lastenfahrzeugen in Lager, Produktion oder in der Gesundheitsversorgung ist auch eine schnelle und reibungslose Übergabe von Funkzelle zu Funkzelle. Zudem spielt auch die Geschwindigkeit der Datenübertragung von der Funkzelle zum Access Point oder zur Radio Unit und von dort zum Netzwerk eine entscheidende Rolle. Denn die beste Funktechnik bringt wenig, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit ins Backbone unzureichend ist.

Das Beste aus beiden Welten

Bei genauer Analyse kann sich für bestimmte Anwendungsfälle Private 5G als ideal erweisen und Wi-Fi 6E für andere Anwendungsfälle. Grundsätzlich lassen sich beide Standards gemeinsam nutzen. Dabei ist beim Einsatz entsprechender Lösungen eine reibungslose Übergabe von 5G auf Wi-Fi und umgekehrt unabdingbar.

Allerdings steigt der Aufwand für das Management merklich an. Während Wi-Fi in der Regel etabliert ist, bringt der Betrieb eines privaten 5G-Netzwerks häufig eine höhere Komplexität mit sich. Noch schwieriger ist dann ein kombinierter Einsatz, da neben dem Management der beiden Infrastrukturen auch noch deren Integration hinzukommt. Aus diesem Grund sollten hier zumindest einheitliche Management- und Security-Lösungen zum Einsatz kommen, die beide Standards unterstützen. Zudem können erfahrene Partner, die integrierte Lösungen und vom Standard unabhängige Beratung bieten, wertvolle Hilfe leisten.

Mit den neuen Entwicklungen von Wi-Fi 6E und Standalone 5G nähern sich beide Standards in ihren Eigenschaften weiter an und es gibt mehr Überschneidungen bei den Anwendungsszenarien. Wi-Fi auch künftig überwiegend in Büros und zu Hause genutzt und 5G bei der Funkversorgung von großen Flächen. Doch gerade in den Bereichen Industrie 4.0 und mobilen IIoT-Anwendungen in großflächigen Arealen muss man in Zukunft die jeweiligen Stärken und Schwächen jeder Technik exakt analysieren und die Kosten-Nutzen-Relation bewerten.

21.01.2022